Ein „Geisterbus“ zur späten Stunde – Marburger AStA kritisiert den Nachtbus N8

Läuft man nach 1 Uhr nachts am Wochenende durch die Stadt, so liest man auf den dynamischen Fahrplananzeigern, nur von Bussen der Linie 3 der Stadtwerke nach Cappel, die zu dieser Uhrzeit noch verkehren. Von den Abfahrtszeiten der Linie „N8“ des privaten Betreibers der Firma „ASU – Auto Service UniCar“ sind hingegen keine Fahrplandaten zu sehen.

„Der N8 ist quasi ein Geisterbus, der am Wochenende nachts einsam seine Runden durch Marburg dreht“, kritisiert AStA-Verkehrsreferent Lukas Ramsaier. Vor einiger Zeit seien die Betreiber seiner Kenntnis nach selbst mit der Bitte auf die Stadtwerke zugekommen, ihre Linie bitte von den Fahrplananzeigern zu nehmen. Seit dem würden nur noch Eingeweihte von dem Nachtbus Kenntnis haben, denn auch in den gängigen Fahrplan- Apps kann man sich nicht über den N8 informieren. Nur noch eine pdf auf der Homepage der Stadtwerke sowie einige wenige Aushänge an den Haltestellen weisen auf die Abfahrtszeiten des N8-Busses hin, so Ramsaier. Den Grund für die Initiative von ASU sieht Ramsaier in deren eigener Unzuverlässigkeit. Wir wissen von vielen Student/innen und anderen Fahrgästen, die in den vergangenen Jahren regelmäßig vergeblich auf den Nachtbus warten mussten, oder zumindest sehr lange. Informationen über Ausfälle oder Verspätungen sind dabei Fehlanzeige.

„Und trotzdem erhöht man dann noch seitens den ASU den Aufschlagspreis zum Semesterticket von 2,00€ auf 3,50€“, moniert AStA-Verkehrsreferentin Tina Stoll. Es sei mittlerweile für viele günstiger, sich zu zweit oder dritt ein Taxi zu teilen, als den Nachtbus zu nehmen, so Stoll. Es sei wichtig, dass alle Studis die Möglichkeit eines sicheren Nachhausewegs hätten, unabhängig von der finanziellen Lage. Gerade, wenn man auf den Berglagen in Marburg wohnt, könne man eben nicht mal eben schnell nach Hause radeln.

In einer großangelegten „Mobilitätsstudie“ des AStAs letzten Sommer wurden den Marburger Studis deshalb auch nachtbusspezifische Fragen gestellt, sodass diesbezüglich interessante Erkenntnisse aus der Studie gezogen werden konnten: So nutzen gerade mal 5% der Studierenden den N8-Bus „einmal im Monat oder öfter“. Dabei ist der Bedarf durchaus da, denn knapp 90% der Befragten gaben an, mindestens einmal im Monat noch nach 1 Uhr nachts unterwegs zu sein, mehr als 60% sogar wöchentlich. Rund drei Viertel gehen dabei – wohl auch mangels Angebot – zu Fuß nach Hause. Auffällig zudem:Die Nutzungsrate der Stadtwerke Linie 1 (die nur unter der Woche nachts verkehren darf) ist dabei mehr als doppelt so hoch, als diejenige des N8 am Wochenende, obwohl dann sicherlich mehr los sein dürfte. Mehr als die Hälfte am Wochenende fährt stattdessen mit dem Fahrrad nach Hause, vermutlich leider auch teilweise alkoholisiert. Die Marburg typischen Spar-Taxis werden zudem dreimal so oft genutzt, wie der N8.

Dies dürfte auch, so betont Ramsaier, an der mittlerweile nicht mehr ganz zeitgemäßen Route des N8 liegen: Eingeführt wurde der „N8-Nachtbus“ einst, um die Diskotheken in Wehrda („Funpark“), am Hbf („Nachtsalon“) und in Cappel („Till Dawn“) am Wochenende nachts zu verbinden. Die Route (Rudolphsplatz-Cölbe-Wehrda-Innenstadt- Richtsberg-Cappel-Sudbahnhof-Hbf) erinnert dabei geographisch an die Form einer Acht, weshalb des Angebot wohlklingend als „N8express“ vermarktet werden konnte. Mittlerweile ist es aber so, dass sowohl das „Till Dawn“ als auch die Discothek in Wehrda nicht mehr existieren.

Vielmehr sollte die Route stattdessen zukünftig also wieder so angepasst werden, dass junge Menschen von den Feierlocations in der Innenstadt aus, ihre Wohnorte in den Außenstadtteile erreichen können. Insbesondere jenen Stadtteilen, die nur schwer zu Fuß oder mit dem Rad erreichbar sind – wie der Stadtwald oder die Höhenlagen Marbachs und Wehrdas – sollte dabei ein attraktives Nachtbus-Angebot zu Gute kommen.

„Marburg braucht dringend wieder ein attraktiveres, flächendeckendes Nachtbusangebot“, plädiert AStA-Verkehrsreferentin Tina Stoll. Denn das Nachtbusangebot, so ergänzt ihr Kollege Lukas Ramsaier, hat in den letzten Jahren nicht an Qualität gewonnen, sondern eher an Qualität verloren. Nicht nur was die Verbindungen und die Fahrplanauskunft angeht. Fuhr man seitens ASU anfangs noch mit einem geliehenen Bus der Stadtwerke, bedient die Linie mittlerweile eine Art „Sprinter“- Fahrzeug mit nur wenigen Sitzen und kaum vorhandener Barrierefreiheit. Nur ein kleiner „N8-Aufdruck“ auf der Fahrer- und Beifahrertüre weist dabei auf den Zweck des Fahrzeuges hin. „Eine Anzeige auf den dynamischen Fahrgastinformationen, eine Inklusion des Fahrplans in die gängigen Apps sowie ein fairer Preis und kundenfreundlichere Fahrzeuge sind für uns unabdingbar, falls die Firma ASU auch weiterhin den Nachtbus in Marburg betreiben soll“, so Stoll und Ramsaier abschließend.

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